Pünktlich um 8:17 Uhr wartet sie wie an jedem Arbeitstag an der Haltestelle des öffentlichen innerstädtischen Kleinbusses. Das mahagonifarbene schulterlange Haar hält sie sorgfältig mit einer schwarzen Satinschleife zusammen. Am Hinterkopf hat sie es ein wenig toupiert, damit es noch fülliger erscheint. Seit Christine die 50 überschritten hat, gibt sie sich mit ihrem Make-up besondere Mühe. Sie betont die immer schmäler werdenden Lippen mit einem Konturenstift und malt sie – so wie es ihr die Visagistin einmal gezeigt hat – mit einem dunkelbraunen Lippenstift aus. Die großen rehbraunen Augen hat sie von der Mutter geerbt. Auf das Oberlid trägt sie beigefarbenen und über der Augenhöhle dunkelbraunen Lidschatten auf. Durch diese optische Veränderung bleibt das Schlupflid verborgen. Dann noch schwarzer Mascara auf die Wimpern und schon kann sie mit der jungen Audrey Hepburn konkurrieren.
Christines Kleidung muss immer tiptop sein. Schließlich betreibt sie eine kleine Innenstadtboutique und erfreut die Kundschaft als lebende Kleiderpuppe. Heute hat sie sich zu der dunkelbraunen Kalbslederhose entschlossen, die sich wie eine zweite Haut über ihre schlanken Hüften und Oberschenkel legt und dazu einen cremefarbenen Mohairpullover mit Rollkragen gewählt, der ihren Hals freundlich locker umschmeichelt. Zum ersten Mal in diesem Jahr trägt sie den hellbraunen Kamelhaarmantel, dessen breiten Gürtel sie nur lose bindet und nicht schnürt. Trotzdem erscheint ihre Taille überaus schmal. Die Handtasche und die hochhakigen Schuhe kauft sie nicht von der Stange sondern lässt sie nach Maß und nach ihren eigenen Vorstellungen anfertigen.
Der Linienbus fährt pünktlich in die Station und der Fahrer öffnet ihr die Tür. Sie bedenkt ihn für sein „guten Morgen“ mit einem kleinen fast unsichtbaren Nicken und nimmt Platz. Im hinteren Bereich des Wagens erkennt sie die mollige und doch aparte Frau, die, wie jeden Morgen in einem Buch lesend, ihren Weg zur Arbeit mit Christine teilt. Auch sie formt mit ihren Lippen ein tonloses „guten Morgen“. Christine erwidert ihren Gruß mit einem kleinen Lächeln, widmet sich aber gleich darauf ihren Gedanken. Den leeren Blick aus dem Fenster gerichtet scheint sie das Treiben auf der Straße und den Verkehr zu beobachten, doch ist er in Wahrheit nach innen gerichtet. Sie sieht weder Autos noch Menschen, weder Häuser noch Bäume.
Die Busfahrt ist recht kurz. Nur wenige Minuten trennen sie von ihrem kleinen aber sehr gediegenen Damenbekleidungsgeschäft. Obwohl der Lenker nach so vielen Jahren mit Sicherheit weiß, an welcher Station Christine den Bus verlassen wird, drückt sie den Aussteigeknopf um ihm ihr Vorhaben mitzuteilen.
Die Schaufenster der „Boutique Christine“ wurden erst vor kurzem winterlich umgestaltet. Überall hängen Schneeflocken aus Swarowskikristallen an weißen und dunkelbraunen Samtschnüren. Die spätherbstliche Morgensonne schickt ihre Strahlen wie Pfeile auf die Glasteile, die ihr Glitzern und Funkeln zu den ausgestellten Blusen, Pullovern, Hosen, Jacken und Mänteln schicken. Immer wieder ist sie von dem Anblick begeistert und bewundert die gute Leistung der Dekorateurin. Wie jeden Morgen vor dem Aufsperren nimmt Christine die Post aus dem roten Briefkasten. Aus dem Außenfach ihrer Handtasche entnimmt sie den Schlüssel und öffnet die schwere Glastüre. Sie betritt den wohltemperierten Laden und wirft die Kuverts, Prospekte und Werbesendungen nachlässig auf den Tresen. Durch eine Schwingtür gelangt sie in die Teeküche, betätigt den Lichtschalter und nimmt im Vorbeigehen die vollautomatische Kaffeemaschine in Betrieb. Sie öffnet den Gürtel des Mantels, knöpft ihn auf, schlüpft raus, legt ihn über einen Kleiderbügel und hängt ihn feinsäuberlich auf die Garderobe. Den Geschäftschlüssel gibt auf den dafür vorgesehenen Haken neben der Tür.
Zurück im Verkaufsraum überfliegt sie die Absender der Poststücke und legt die Prospekte zum Altpapier. Am Rückweg verteilt sie die Kleidungsstücke gleichmäßig auf den Stangen, zupft Haare oder Flusen von der Ware und überprüft, ob sich jedes Teil ordentlich und adrett an seinem Platz befindet. Die Kaffeemaschine deutet mit einem vertrauten Brummen des Mahlwerks an, dass sie zur Benützung bereit ist. Fast gleichzeitig ertönt die Türklingel, die darauf hinweist, dass die erste Kundin den Weg in den Laden gefunden hat.
Auf Christines Gesicht erscheint das breite gekünstelte Geschäftslächeln vor der Begrüßung. Anstelle der Frage nach den Wünschen der Kundin greift sie in eine Schublade unter dem Tresen. Sie entnimmt ihr eine bereits entsicherte Pistole, führt sie langsam zum Mund, umschließt den kurzen Lauf mit den dunkelbraunen Lippen und betätigt den Abzug.
Christines Kleidung muss immer tiptop sein. Schließlich betreibt sie eine kleine Innenstadtboutique und erfreut die Kundschaft als lebende Kleiderpuppe. Heute hat sie sich zu der dunkelbraunen Kalbslederhose entschlossen, die sich wie eine zweite Haut über ihre schlanken Hüften und Oberschenkel legt und dazu einen cremefarbenen Mohairpullover mit Rollkragen gewählt, der ihren Hals freundlich locker umschmeichelt. Zum ersten Mal in diesem Jahr trägt sie den hellbraunen Kamelhaarmantel, dessen breiten Gürtel sie nur lose bindet und nicht schnürt. Trotzdem erscheint ihre Taille überaus schmal. Die Handtasche und die hochhakigen Schuhe kauft sie nicht von der Stange sondern lässt sie nach Maß und nach ihren eigenen Vorstellungen anfertigen.
Der Linienbus fährt pünktlich in die Station und der Fahrer öffnet ihr die Tür. Sie bedenkt ihn für sein „guten Morgen“ mit einem kleinen fast unsichtbaren Nicken und nimmt Platz. Im hinteren Bereich des Wagens erkennt sie die mollige und doch aparte Frau, die, wie jeden Morgen in einem Buch lesend, ihren Weg zur Arbeit mit Christine teilt. Auch sie formt mit ihren Lippen ein tonloses „guten Morgen“. Christine erwidert ihren Gruß mit einem kleinen Lächeln, widmet sich aber gleich darauf ihren Gedanken. Den leeren Blick aus dem Fenster gerichtet scheint sie das Treiben auf der Straße und den Verkehr zu beobachten, doch ist er in Wahrheit nach innen gerichtet. Sie sieht weder Autos noch Menschen, weder Häuser noch Bäume.
Die Busfahrt ist recht kurz. Nur wenige Minuten trennen sie von ihrem kleinen aber sehr gediegenen Damenbekleidungsgeschäft. Obwohl der Lenker nach so vielen Jahren mit Sicherheit weiß, an welcher Station Christine den Bus verlassen wird, drückt sie den Aussteigeknopf um ihm ihr Vorhaben mitzuteilen.
Die Schaufenster der „Boutique Christine“ wurden erst vor kurzem winterlich umgestaltet. Überall hängen Schneeflocken aus Swarowskikristallen an weißen und dunkelbraunen Samtschnüren. Die spätherbstliche Morgensonne schickt ihre Strahlen wie Pfeile auf die Glasteile, die ihr Glitzern und Funkeln zu den ausgestellten Blusen, Pullovern, Hosen, Jacken und Mänteln schicken. Immer wieder ist sie von dem Anblick begeistert und bewundert die gute Leistung der Dekorateurin. Wie jeden Morgen vor dem Aufsperren nimmt Christine die Post aus dem roten Briefkasten. Aus dem Außenfach ihrer Handtasche entnimmt sie den Schlüssel und öffnet die schwere Glastüre. Sie betritt den wohltemperierten Laden und wirft die Kuverts, Prospekte und Werbesendungen nachlässig auf den Tresen. Durch eine Schwingtür gelangt sie in die Teeküche, betätigt den Lichtschalter und nimmt im Vorbeigehen die vollautomatische Kaffeemaschine in Betrieb. Sie öffnet den Gürtel des Mantels, knöpft ihn auf, schlüpft raus, legt ihn über einen Kleiderbügel und hängt ihn feinsäuberlich auf die Garderobe. Den Geschäftschlüssel gibt auf den dafür vorgesehenen Haken neben der Tür.
Zurück im Verkaufsraum überfliegt sie die Absender der Poststücke und legt die Prospekte zum Altpapier. Am Rückweg verteilt sie die Kleidungsstücke gleichmäßig auf den Stangen, zupft Haare oder Flusen von der Ware und überprüft, ob sich jedes Teil ordentlich und adrett an seinem Platz befindet. Die Kaffeemaschine deutet mit einem vertrauten Brummen des Mahlwerks an, dass sie zur Benützung bereit ist. Fast gleichzeitig ertönt die Türklingel, die darauf hinweist, dass die erste Kundin den Weg in den Laden gefunden hat.
Auf Christines Gesicht erscheint das breite gekünstelte Geschäftslächeln vor der Begrüßung. Anstelle der Frage nach den Wünschen der Kundin greift sie in eine Schublade unter dem Tresen. Sie entnimmt ihr eine bereits entsicherte Pistole, führt sie langsam zum Mund, umschließt den kurzen Lauf mit den dunkelbraunen Lippen und betätigt den Abzug.
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